AGB im B2B Verkehr – Einbeziehungsmängel und Änderung der AGB. Das ist zu beachten.

Kurz informiert:

1. Geheilt werden können Einbeziehungsmängel von alten AGB nicht.

2. Bei Neuverträgen reicht ein Hinweis auf die AGB und die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme. Die Übersendung der AGB im B2B Bereich ist in Deutschland unstrittig nicht notwendig. International ist es umstritten, ob der AGB-Text vor Vertragsschluss ausgehändigt werden muss. OLG Hamm sagt nein.

3. Bei laufenden Geschäftsbeziehungen können AGB nur noch geändert oder neu einbezogen werden, wenn der Kunde ausdrücklich zustimmt. Im Bereich Verbraucher hat der BGH die Zustimmungsfiktion zu Änderung von AGB als unwirksam erachtet. Meiner Meinung nach gilt das auch im B2B Bereich (jedenfalls besteht ein erhebliches Risiko), weil auch im B2B Bereich Schweigen üblicherweise nichts bedeutet. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist die absolute Ausnahme und darf auch inhaltlich nur den zuvor verhandelten Inhalt wiedergeben. Eine Änderung funktioniert also gerade über das kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht.

Im Ergebnis würde ich immer dazu raten, ausdrücklich um Zustimmung zur Geltung der neuen AGB zu raten. Alles andere ist extrem risikobehaftet.

Einzelheiten

Zunächst ist eine rückwirkende Heilung von Einbeziehungsmängeln bei Vorgängerversionen Ihrer AGB nicht möglich. Wurden Ihre AGB in der Vergangenheit nicht wirksam einbezogen, gelten diese nicht für Vertragsschlüsse, die in der Vergangenheit abgeschlossen wurden. Es besteht insoweit lediglich die Möglichkeit Ihre überarbeiteten AGB für zukünftige Vertragsabschlüsse einzubeziehen, es sei denn der Kunde stimmt einer rückwirkenden Geltung ausdrücklich zu.

Zur Einbeziehung im Allgemeinen:

Im unternehmerischen Bereich gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann, wenn sie im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Einbeziehung Geschäftsbestandteil geworden sind. Die Rechtsprechung verlangt -im Gegensatz zu Geschäften mit Verbrauchern- jedoch nur eine erleichterte Einbeziehungsvereinbarung. Diese kann sowohl stillschweigend als auch ausdrücklich erfolgen. Voraussetzung dafür ist allein, dass die vertragliche Einigung der Parteien sich auch auf die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erstreckt, was unter Umständen im Wege der Auslegung ermittelt werden muss und bedeutete, dass die AGB vor Vertragsschluss wirksam einbezogen worden sein müssen.

Eine ausdrückliche AGB-Einbeziehung (also bspw. der Hinweis in einem Angebot) vor Vertragsschluss ist selbst dann wirksam, wenn dem Unternehmer die AGB der anderen Partei bei Vertragsschluss nicht zugänglich gemacht worden sind, er also den Inhalt nicht kennt. Bei Rahmenvereinbarungen genügt indes ein Abstellen auf die jeweils geltende Fassung sofern der Verwender seinen Vertragspartner unverzüglich über die jeweilige Fassung informiert.

Eine schlüssige AGB-Einbeziehung im unternehmerischen Verkehr ist dadurch möglich, dass durch den Verwender im Rahmen der Verhandlungen über den konkreten (aber noch ausstehenden) Vertrag ein ausdrücklicher, unzweideutiger und erkennbarer Verweis auf seine AGB erfolgt und der Vertragspartner deren Geltung (auch nicht konkludent durch eine Bezugnahme auf seine eigenen AGB) nicht widerspricht. Bei neuen Vertragsabschlüssen genügt also der Hinweis auf die Geltung der (neuen) AGB vor Vertragsschluss, bspw. im Angebot durch den Satz

Ergänzend gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Stand XY, die wir Ihnen auf Nachfrage gerne unentgeltlich zur Verfügung stellen“.

Möglich ist auch der Verweis auf AGB, die im Internet veröffentlich sind. Allerdings muss im Streitfall nachgewiesen werden, dass diese zum jeweiligen Zeitpunkt online waren und der Vertragspartner tatsächlich auch Kenntnis nehmen konnte. Hier ergeben sich also Beweisprobleme, weshalb der Hinweis auf die unentgeltliche Zurverfügungstellung Sinn macht.

Die AGB müssen jedenfalls bei Geschäften innerhalb von Deutschland nicht ausgehändigt werden, es genügt die Möglichkeit der „zumutbaren Kenntnisnahme“ durch den Vertragspartner.

Ob die Einbeziehung von AGB im internationalen B2B-Verkehr neben dem Verweis auf die Geltung der AGB zusätzlich auch voraussetzt, dass diese vor Vertragsschluss der anderen Partei körperlich zugänglich gemacht wurde, ist streitig. Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 19.05.2015 (Az. 7 U 26/15) entschieden, dass die „Möglichkeit der Kenntnisnahme“ schon zu bejahen ist, wenn der Hinweis auf die Geltung der AGB in der Verhandlungssprache vor Vertragsabschluss erfolgt ist. Das Gericht vertrat weiter die Auffassung, dass der Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst nur dann in der Verhandlungssprache oder in einer Weltsprache vorzulegen sei, wenn der Vertragspartner dies ausdrücklich verlange.

Bei bestehenden Rahmenverträgen stellt sich die Frage, ob es sich um laufende Geschäftsbeziehungen handelt oder ob unter dem Rahmenvertrag „neue“ Einzelverträge abgeschlossen werden. Bei neuen Einzelverträgen genügt -wie bereits erörtert- der Hinweis auf die Geltung der AGB und die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Handelt es sich um laufende Geschäftsbeziehungen, für die bereits AGB wirksam vereinbart wurden, erfordert die Änderung der AGB einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, also eine Einigung über die Einbeziehung der neuen AGB.

Die Art der Vereinbarung hängt wiederum davon ab, was in den ursprünglichen AGB geregelt wurde. Es gibt insoweit drei Möglichkeiten:

1. In der Vorgängerversion der AGB wurde nichts zu einer Änderung der AGB geregelt.

2. Es gibt eine AGB-Klausel, die Ihnen das Recht einräumt die AGB einseitig zu ändern.

3. Es gibt eine AGB-Klausel, wonach Schweigen auf ein AGB-Änderungsangebot als Zustimmung zu werten ist.

Gab es bisher noch keine wirksame Änderungsklausel in Ihren AGB, müssen Sie Kunden bedauerlicherweise explizit um Zustimmung zu den neuen AGB bitten.

Im Fall von Option 2 ist hingegen zu prüfen, ob die Klausel wirksam ist. Einseitige Änderungsoptionen (Nr. 2) sind nur wirksam, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Das einseitige Änderungsrecht darf nicht immer („jederzeit, ohne Angabe von Gründen“), sondern nur dann gegeben sein, wenn

  • a) nach Vertragsschluss unvorhersehbare (und unbeeinflussbare) Änderungen eingetreten sind (Beispiel: Der BGH erklärt eine in den AGB enthaltene Klausel für unwirksam.) oder Lücken offenbar werden und
  • b) dadurch das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erheblich gestört wurde.

2. Die Klausel darf nicht zulassen, dass der Vertragspartner durch die Änderung schlechter gestellt wird als im Moment des Vertragsschlusses. Durch die Änderung darf nur das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wiederhergestellt werden, mehr nicht. Dadurch wird der Anwendungsbereich dieser Klausel erheblich eingeschränkt.

3. Die Klausel muss inhaltlich beschränkt sein auf Änderungen, die nicht die Hauptleistungspflichten der Vertragsparteien betreffen. Die Änderung käme sonst dem Abschluss eines neuen Vertrags gleich, worin der BGH eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners sieht.

Klauseln, die lediglich das Zustandekommen einer Einigung über die Änderung erleichtern, indem sie das Schweigen auf eine Änderung nach einer bestimmten Zeit als Zustimmung dazu werten (Option 3), hat der BGH mit Urteil vom 27.04.2021 (Az. XI 26/20) -jedenfalls im Verhältnis zu Verbrauchern- als unwirksam erachtet.

Die Zustimmungsfiktion weicht nach Auffassung des BGH von wesentlichen Grundgedanken der §§ 305 Abs. 2, 311 Abs. 1, 145 BGB ab, weil ein Schweigen des Kunden als Zustimmung zu einer Vertragsänderung gelten soll. Diese Abweichung von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken benachteiligen nach Auffassung des BGH den Kunden unangemessen.

Die Entscheidung des BGH bezog sich zwar auf Verträge zwischen Banken und Verbrauchern, nichts desto trotz besteht das Risiko, dass auch im B2B -Bereich derartige Klauseln unwirksam sein könnten. Denn auch im kaufmännischen Verkehr ist Schweigen nur in absoluten Ausnahmefällen eine Willensbekundung. Dies gilt beispielsweise bei kaufmännischen Bestätigungsschreiben, die jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft sind.

Es gibt daher bei der Verwendung einer Zustimmungsfiktion erhebliche rechtliche Risiken und ich rate letztendlich dazu, Kunden um ausdrückliche Zustimmung zu den neuen AGB zu bitten.

Erteilen Ihre Kunden keine Einwilligung bei laufenden Verträgen, gelten die neuen AGB nicht. Der Kunde kann dann nur über Vertragsbeendigungen und Neuabschlüsse dazu gezwungen werden, neue AGB zu akzeptieren.

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