Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Henning Koch

2. Februar 2025

Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ein sensibles Thema, das sowohl arbeitsrechtliche als auch datenschutzrechtliche Aspekte berührt. Arbeitgeber müssen strenge rechtliche Vorgaben beachten, um die Privatsphäre der Mitarbeitenden zu wahren und gleichzeitig berechtigte Interessen des Unternehmens zu schützen.

1. Konkreter Verdacht als Voraussetzung

Bevor eine geheime Videoüberwachung eingesetzt werden darf, muss ein konkreter Verdacht auf Straftaten oder schwere arbeitsrechtliche Verstöße vorliegen. Dieser Verdacht muss auf objektiven Anhaltspunkten beruhen und einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden.

2. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

Die Videoüberwachung muss verhältnismäßig sein. Arbeitgeber sollten prüfen, ob mildere Mittel wie offene Kommunikation oder alternative Ermittlungsmethoden ebenso geeignet sind. Eine offene Videoüberwachung, auf die durch Hinweisschilder aufmerksam gemacht wird, ist vorrangig zu erwägen. Die verdeckte Videoüberwachung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn sie das einzig praktikable Mittel zur Aufklärung des Verdachts ist.

3. Datenschutzkonforme Umsetzung

Die Datenschutzbestimmungen, insbesondere des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), sind strikt einzuhalten. Dazu gehören:

·         Zeitliche Begrenzung der Datenspeicherung

·         Minimierung der Erfassung auf notwendige Bereiche

·         Verbot von Aufnahmen in sensiblen Bereichen wie Umkleideräumen oder Toiletten (s.u)

4. Beteiligung des Betriebsrats

Die Einführung einer Videoüberwachung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats, wenn Beschäftigte erfasst werden können. Die Zustimmung des Betriebsrats ist erforderlich, unabhängig davon, ob die Erfassung zufällig oder beabsichtigt erfolgt. Ohne dessen Zustimmung darf die Überwachung nicht stattfinden.

5. Transparenz nach Aufklärung

Nach Aufklärung des Verdachts sollte der Arbeitgeber transparent mit den betroffenen Mitarbeitenden kommunizieren und die Gründe für die durchgeführten Maßnahmen offenlegen.

6. Offene vs. verdeckte Videoüberwachung

Offene Videoüberwachung

Eine offene Videoüberwachung ist zulässig, wenn sie entsprechend gekennzeichnet ist und einen nachvollziehbaren Zweck verfolgt, wie den Schutz von Eigentum oder die Prävention von Vandalismus. Sie darf jedoch nicht schikanierend wirken und muss verhältnismäßig sein. Gesetzliche Grundlage bildet hier insbesondere § 4 BDSG.

Verdeckte Videoüberwachung

Eine verdeckte Videoüberwachung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, wenn:

·         Ein konkreter Verdacht auf eine strafbare Handlung oder eine schwere arbeitsrechtliche Verfehlung vorliegt

·         Milderere Mittel nicht erfolgreich waren

·         Die Überwachung insgesamt verhältnismäßig ist (gemäß § 26 Abs. 1 BDSG)

7. Schutz der Intimsphäre

Die Überwachung in Räumen, in denen sich Mitarbeitende privat aufhalten (z. B. WCs oder Umkleideräume), ist grundsätzlich verboten. Hier überwiegt der Schutz der Intimsphäre.

8. Grenzen der Datenspeicherung

Die erhobenen Daten dürfen nicht unbegrenzt gespeichert werden. Verstöße gegen Datenschutzvorschriften können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Beweisverwertungsverbot nicht automatisch greift, wenn es um die Aufklärung von Arbeitszeitbetrug geht.

Fazit

Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist nur unter strengen rechtlichen Bedingungen zulässig. Arbeitgeber müssen stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und datenschutzkonforme Lösungen wählen. Während eine offene Videoüberwachung unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist, darf eine verdeckte Überwachung nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Die Mitbestimmung des Betriebsrats und der Schutz der Privatsphäre der Beschäftigten spielen dabei eine zentrale Rolle.

Foto von Tobias Tullius auf Unsplash

Henning Koch, Gründer und Gastgeber des Podcast „Herr Koch hat Recht„. Studium der Rechtwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Georg-August-Universität Göttingen und Université Grenoble Alpes (Frankreich).

Rechtsanwalt in der Wirtschaftskanzlei RPA Standorte Marburg und Wetzlar,Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Datenschutzauditor (TÜV), Behördlicher Datenschutzbeauftragter (TÜV), Datenschutzbeauftragter (TÜV). Daneben Geschäftsführer der RPA Datenschutz+Compliance GmbH, Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Mittelhessen (Studium Plus) und Trainer für Datenschutz und Betriebsverfassungsrecht.

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